Streitwert
Streitwert bei einer Mietminderung
Streitwertberechnung bei Klage wegen Mietminderung
Liegt ein Mietmangel vor, dann kann der Mieter in der Regel die Miete mindern (vgl. Das ABC der Mietminderung). Der Vermieter wiederum kann die Mietminderung akzeptieren oder hat die Möglichkeit, den Mietmangel zu beseitigen. Nun kann es aber auch vorkommen, dass der Vermieter mit der Mietminderung nicht einverstanden ist. Eskaliert dann weiter der Streit, treffen sich Mieter und Vermieter oft vor Gericht wieder. Dann stellt sich u.a. die Frage: Wie hoch ist der Streitwert bei einer Mietminderung?
Streiten Mieter und Vermieter um das Vorliegen eines Mietmangels und die Frage, wie hoch eine Mietminderung ausfallen darf, kann jeder von ihnen eine so genannte Feststellungsklage beim zuständigen Gericht erheben.
Der Vermieter kann beim Gericht eine Feststellungsklage gegen den Mieter erheben und beantragen, dass das Gericht feststellt, dass der Mieter nicht zur Mietminderung berechtigt ist.
Ebenso kann der Mieter eine Feststellungklage gegen den Vermieter erheben und beantragen, dass das Gericht feststellt, dass er (der Mieter) zu einer Mietminderung berechtigt ist.
Dann kommt es inbesondere auf den Streitwert an. Der Streitwert ist aber im übrigen im gesamten Gerichtsverfahren von Bedeutung. Nach dem Streitwert wird festgelegt, an welches Gericht man sich mit seiner Klage wenden muss (z.B. Amtsgericht oder Landgericht). Der Streitwert ist aber auch wichtig für die Frage, ob nach einem erstinstanzlichen Urteil ein Berufungsverfahren möglich ist (Beschwerdewert). Schließlich bestimmen sich nach dem Streitwert auch die Anwaltskosten und die Gerichtskosten (Gebührenstreitwert).
Der Streitwert bestimmt die Zuständigkeit des Gerichts
Wie oben bereits kurz erwähnt, bestimmt der Streitwert die Zuständigkeit des Gerichts. Im Zivilrecht – und das Mietrecht gehört zum Zivilrecht – sind die Amtsgerichte für alle Streitigkeiten zuständig, die die Summe von 5.000,- Euro nicht übersteigen. Allerdings gibt es von dieser Regel auch eine Ausnahme: So sind die Amtsgerichte ungeachtet der Höhe des Streitwerts für alle Streitigkeiten zuständig, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraumraum (!) ergeben (vgl. § 29a ZPO; § 23 GVG). Die Amtsgerichte sind also immer zuständig, wenn sich Vermieter und Mieter um eine Mietminderung streiten und es dabei um eine Wohnung geht. Bezieht sich die Mietminderung aber auf Geschäftsräume, dann können sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht als erste Instanz zuständig seien. Es kommt also bei einem Streit um eine Mietminderung bei Geschäftsräumen dann darauf an, ob der Streitwert die Summe von 5.000,- Euro übersteigt.
Der Streitwert bestimmt die Höhe der Anwaltskosten und der Gerichtskosten
Nach dem Streitwert richtet sich nicht nur die Zuständigkeit des Gerichts. Der Streitwert bestimmt auch, wie hoch die Kosten des Gerichts ausfallen und wieviel der Gebühren der Anwalt abrechnet. Kennt man die die Höhe des Streitwerts, dann kann man die Höhe der Gerichtsgebühren aus dem Gerichtskostengesetz entnehmen (vgl. Gerichtskostentabelle). Gleiches gilt für die Rechtsanwaltsgebühren. Diese sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt (vgl. Neue Rechtsanwaltsgebühren: Was ändert sich ab dem 01.08.2013? und Anwaltsgebühren: Was kostet eine Erstberatung beim Rechtsanwalt? ). Man kann grundsätzlich sagen: Je höher der Streitwert, desto höher fallen die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltskosten aus.
Wo steht, wie hoch der Streitwert bei einer Mietminderung ist?
Im Mietrecht (zu finden im Bürgerlichen Gesetzbuch) und in der Zivilprozessordnung (ZPO) ist vieles ganz genau geregelt. Doch diese Gesetze schweigen, wenn man nach dem Streitwert der Mietminderung sucht. Der Streitwert der Mietminderung ist im Gesetz nicht geregelt. Diesbezüglich besteht eine Gesetzeslücke.
Wie wird der Streitwert bei einer Mietminderung bestimmt?
Weil im Gesetz leider nicht steht, wie hoch der Streitwert bei einer Mietminderung ist, gab es zu dieser Frage bisher leider unterschiedliche Gerichtsentscheidungen und Rechtsauffassungen.
Im Juni 2016 hat der Bundesgerichtshof zum Streitwert aber eine wichtige Entscheidung getroffen: „Der Streitwert einer Klage des Mieters auf Feststellung eines Minderungsrechts bemisst sich gemäß § 48 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit §§ 3 und 9 der Zivilprozessordnung (ZPO) nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung. Der Streitwert ist weder durch eine direkte noch eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG auf den einfachen Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung beschränkt“ (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2016, Az. VIII ZR 43/15).
Das bedeutet im Klartext: Der monatliche Betrag der Mietminderung ist mit 42 (Monaten) zu mulitiplizieren. Dann hat man gemäß der neuen BGH-Entscheidung den Streitwert.
Beispiel:
- Der Mieter zahlt eine monatliche Bruttomiete von 800,- Euro. Er möchte eine Mietminderung von 10 % geltend machen. Das sind 80,- Euro im Monat. Diese 80,- sind mit 42 Monaten zu multipilzieren (80,- Euro x 42 = 3.360,- Euro). Der Streitwert der Mietminderung beträgt demnach 3.360,- Euro.
Gerichtsentscheidungen zur Bemessung des Streitwerts:
- Kammergericht Berlin, Beschluss vom 26.08.2010, Az. 8 W 38/10: „Der Streitwert für die Klage auf Feststellung der Berechtigung zur Mietminderung ist gemäß § 41 Abs. 5 GKG auf den Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung zu bemessen. Der Kläger begehrt eine monatliche Mietminderung von 20 %, mithin in Höhe von 472,18 Euro, so dass der Streitwert 12 x 472,18 Euro = 5.666,16 Euro beträgt.“ (Die Vorinstanz – das Landgericht Berlin - hatte als Streitwert den dreieinhalbfachen Jahresminderungsbetrag festgelegt.
- Kammergericht Berlin, Beschluss vom 06.01.2014, Az. 8 W 96/13: „Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Wertbemessung nicht die Vorschrift des § 9 ZPO zugrunde zu legen, sondern der Wert ist in Analogie zu § 41 Abs. 5 GKG mit dem 12-fachen Minderungsbetrag zu bemessen.“
- Oberlandesgericht München, Beschluss vom 24.09.2013, Az. 32 W 1760/13: Der Streitwert einer Klage gerichtet auf Feststellung der Mängelbeseitigung bemisst sich nach dem Jahresbeitrag der Mietminderung. Grundlage für die Mietminderung ist die Bruttomiete.
- Landgericht Berlin, Beschluss vom 18.07.2014, Az. 63 T 88/14: Der Streitwert einer Klage eines Mieters auf Feststellung eines Minderungsrechts bestimmt sich gemäß § 9 ZPO nach dem 42fachen des monatlichen Minderungsbetrags.
- Neue BGH-Entscheidung: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.06.2016, Az. VIII ZR 43/15: Der Streitwert einer Klage des Mieters auf Feststellung eines Minderungsrechts bemisst sich gemäß § 48 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit §§ 3 und 9 der Zivilprozessordnung (ZPO) nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung. Der Streitwert ist weder durch eine direkte noch eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 5 GKG auf den einfachen Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung beschränkt.
Lesen Sie auch:
Bearbeitungsstand: 25.10.2016
Kostenlose Fachartikel (1-10)
- Mietminderung: Wie wird eine Mietminderung berechnet (Beispiel)?
- Die 10 wichtigsten Mietrrechte
- 10 wichtige Tipps zur Mietminderung
- Besichtigungsrecht des Vermieters: Wann müssen Mieter ihren Vermieter in die Wohnung lassen?
- Das Mietrecht und das Bohrloch - Wie viele Bohrlöcher sind erlaubt und was ist mit Bohrlöchern in Wandfliesen?
- Heizperiode und Mietrecht - Rechtliches zum Thema Heizung und die Rechte des Mieters
- Die Wohnungsübergabe - Rechtliche Informationen rund um die Wohnungsübergabe
- Mietwucher: Wann Mietwucher vorliegt und die Rechte des Mieters
- Der Wohnungsschlüssel im Mietrecht - Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter hinsichtlich des Wohnungsschlüssels - der Schlüsselverlust
- Mietwucher: Wann Mietwucher vorliegt und die Rechte des Mieters
Kostenlose Fachartikel (11-20)
- Richtige Betriebskostenabrechnung: Worauf Mieter und Vermieter bei der Betriebskostenabrechnung achten müssen
- Heizperiode und Mietrecht - Rechtliches zum Thema Heizung und die Rechte des Mieters
- Vermieter erstellt keine Betriebskostenabrechnung: Was kann man als Mieter tun, wenn der Vermieter über die Betriebskosten nicht abrechnet?
- Nachmieter: Wann und wie kann man einen Nachmieter stellen und welche Nachmieter muss der Vermieter akzeptieren?
- Belegeinsicht Nebenkostenabrechnung: Wie können Mieter Einsicht in die Belege nehmen und worauf ist dabei zu achten?
- Widerspruch gegen Betriebskostenabrechnung: Wie lange ist die Widerspruchsfrist und worauf ist beim Widerspruch zu achten?
- Befristeter Mietvertrag: Wann darf der Vermieter einen Mietvertrag befristen?
- Die Mieterhöhung: Informationen zur Rechtslage rund um die Mieterhöhung
- Die Eigenbedarfskündigung: Wann darf der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen, und welche Rechte haben Mieter?
- Die Mietkaution: Informationen zur Rechtslage rund um die Mietkaution
Infos zum Schimmel
Anwalt für Mietminderung
10 Tipps
Mietminderung berechnen
Häufige Fehler
Interessantes zum Mietrecht
- Mieten, Vermieten und daraus resultierende Kosten: 6 Ansätze für die Zukunft
- Mietminderung wegen Fogging?
- Voraussetzungen für die Berechtigung zur Mietminderung bei Schimmel und Co.
- Streitwert bei einer Mietminderung
- Konfliktpotenzial: Wann müssen Mieter streichen und wann nicht?
- Mieter & Vermieter: Rechte und Pflichten
neue Urteile aus dem Mietrecht
- Unwirksame mietvertragliche Regelung zur Anpassung der Indexmiete bei einseitigen Anpassungsrecht des Vermieters (19.11.2024)
- Anspruch auf Mängelbeseitigung und Mietminderung bei nicht erbrachten von Betriebskosten erfassten Leistungen (18.11.2024)
- Keine Haftung des Wohnungsmieters für Handwerkereinsatz bei unbegründeter Fehlermeldung wegen Schmorgeruchs (15.11.2024)
- Nutzung der Wohnung durch Bruder und Familie rechtfertigt Eigenbedarfskündigung des Hauptmieters gegenüber Untermieter (11.11.2024)
- Rechtzeitigkeit der Mietzahlung bei Absendung des Betrags innerhalb der Zahlungsfrist (08.11.2024)
- Geltung der gesetzlichen Kündigungsfrist wegen Formunwirksamkeit des Mietvertrags über Geschäftsräume (07.11.2024)
- Recht zur fristlosen Kündigung bei Bezeichnung einer Mitarbeiterin der Vermieterin als "dreckige Hure" und "dreckige Schlampe" (05.11.2024)
Urteile bei
kostenlose-urteile.de
Das Portal kostenlose-urteile.de veröffentlicht täglich neue Gerichtsentsscheidungen aus mehr als 100 Rechtsgebieten, z.B.:
Neues aus dem DAWR
- »Fristen im Griff und Akten überall verfügbar: Die Vorteile moderner Kanzleisoftware (08.11.2024)
- »Ihre Rechte und wie Sie sich bei einem Sexualdelikt verteidigen können (10.09.2024)
- »Land Sachsen verdient nicht mehr am DDR-Hit „Am Fenster“ (02.09.2024)
- »Flughafen BER verklagt Mitglieder der „Letzten Generation“ wegen Störung des Flugbetriebs auf Schadenersatz (30.08.2024)
- »Betrüger erbeuten Gold mit Enkeltrick - Amtsgericht zur Geldübergabe genutzt (23.08.2024)
- »Anspruch auf Kryokonservierung von Samenzellen im Vorfeld einer geschlechtsangleichenden Behandlung? (23.08.2024)