Baulärm
Mietminderung: Baulärm - Wann Baulärm durch Bauarbeiten zu einer Mietminderung berechtigt und wann nicht
Auch wenn der Baulärm aus der Nachbarschaft kommt, kann die Miete gemindert werden
Lärm mag niemand. Lärm ist auch gefährlich, denn Lärm kann krank machen. Fast jeder Zweite fühlt sich von Lärm belästigt, schrieb neulich der SPIEGEL: Wenn es von der Straße brummt und Flugzeuge dröhnen, leiden Herz, Kreislauf und Gehirn. Lärm gibt es im verschiedensten Formen (Kinderlärm, Straßenlärm, Nachbarlärm oder Baulärm). Hier in unserem Fachartikel geht es um Baulärm und die Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter.
Quelle: mietminderungstabelle.de (ra-online GmbH)
Im Mietrecht gehören Baulärm und Bauarbeiten zu den typischen Mietminderungsgründen (vgl. Liste der Mietmängel von A-Z).
Mietminderung ohne Verschulden des Vermieters
Baulärm, der Mieter stört, kann aus ganz verschiedenen Quellen stammen. Zum einen kann es Bauarbeiten im Wohnhaus des Mieters geben. Zum anderen kann der Baulärm auch von außerhalb kommen, z.B. aus dem Nachbarhaus, von der Nachbarbaustelle oder aber von Straßenarbeiten. Bauarbeiten im Wohnhaus des Mieters wird in der Regel der Vermieter in Auftrag gegeben haben. Bei Bauarbeiten und Baulärm außerhalb des Wohnhauses des Mieters kann der Vermieter nichts für den Baulärm.
An dieser Stelle ist es wichtig zu wissen, dass der Mieter die Miete wegen Baulärms auch dann mindern kann, wenn der Vermieter nichts für den Baulärm kann. Es kommt also nicht auf ein Verschulden des Vermieters an. Daher dürfen Mieter die Miete bei Baulärm auch mindern, wenn der Baulärm aus dem Nachbarhaus, der Nachbarschaft oder von Straßenarbeiten kommt (vgl. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 02.11.2011, Az. 33 C 2424/11 – Baulärm in der Nachbarschaft berechtigt zur Mietminderung und Oberlandesgericht München, Urteil vom 25.10.2006, Az. 3 U 3422/06 - Miete kann auch wegen Baulärms auf dem Nachbargrundstück gemindert werden). Baulärm stellt somit also fast immer einen Mietmangel dar.
Schränkt der Baulärm den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ein?
Allein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Mietminderung bei Baulärm ist, dass der vertragsgemäße Gebrauch der gemieteten Wohnung nicht möglich ist und der Mieter für die Miete keinen entsprechenden Gegenwert erhält.
Mieter ist im Urlaub oder arbeitet tagsüber
Was viele nicht wissen, ist, dass Mieter auch berechtigt sind, die Miete wegen Baulärms zu mindern, wenn sie im Urlaub sind oder tagsüber, wenn der Baulärm stattfindet, arbeiten. Es ist also unerheblich, ob der Mieter von dem Baulärm etwas mitbekommt oder nicht. Der Vermieter kann nicht einwenden, der Mieter habe die Mietsache ohnehin nicht genutzt (BGH NJW 1987, 432)
Ausschluss des Mietminderungsrechts: Wann man nicht wegen Baulärms Miete mindern darf!
Aber Vorsicht, auch wenn Baulärm fast immer einen Mietmangel darstellt, kann es sein, dass der Mieter nicht berechtigt ist, die Miete zu mindern. So darf der Mieter die Miete nicht mindern, wenn er von den Bauarbeiten bei Mietvertragsabschluss wusste. Dasselbe gilt, wenn der Mieter mit dem Baulärm bei Mietvertragsabschluss rechnen musste, weil er z.B. in einem Neubaugebiet (Landgericht Darmstadt, Urteil vom 18.03.1983, Az. 17 S 284/82) wohnt oder mitten in der Stadt, in der es in der Umgebung noch Baulücken gibt (vgl. Landgericht Berlin, Urteil vom 17.03.2007, Az. 63 S 155/07 – Baulücke: Kein Recht zur Mietminderung bei Erkennbarkeit zukünftiger Baumaßnahmen), sanierungsbedürftige Häuser (vgl. Kammergericht Berlin, Urteil vom 03.06.2002, Az. 8 U 74/01 - Ältere Gebäude in der Umgebung lassen umfangreiche Sanierungsarbeiten erwarten) oder abrissreife Häuser (vgl. Landgericht Gießen, Urteil vom 15.12.2010, Az. 1 S 210/10 - Bei erkennbaren zukünftigen Bauarbeiten kann der Mieter nicht die Miete mindern).
Allgemeines Lebensrisiko
Gelegentliche Beeinträchtigungen sind regelmäßig ortsüblich oder gehören zum allgemeinen Lebensrisiko. So darf z.B. ein Mieter nicht gleich die Miete mindern, wenn an der Brücke in der Nähe Bauarbeiten stattfinden. Eine Lärmbeeinträchtigung stelle zwar nach Ansicht des Amtsgerichts Fürth einen Mangel der Mietsache dar. Denn Lärm sei geeignet, den Mieter in seinem Recht auf Ruhe und Erholung zu beeinträchtigen. Dabei spiele es keine Rolle, ob der Vermieter den Mangel zu verschulden hat. Jedoch müsse eine zu weitgehende Haftung des Vermieters unter dem Gesichtspunkt der Risikoverteilung eingeschränkt werden. Denn auch der Vermieter sei schutzbedürftig. Daher könnten die Folgen einer Lärmbelästigung nicht risikolos auf dem Vermieter abgewälzt werden (Amtsgericht Fürth, Urteil vom 17.10.2006, Az. 310 C 1727/06).
Baulärm in der Rechtsprechung
Zur Frage der Mietminderung bei Baulärm gibt es mittlerweile eine Fülle von Gerichtsentscheidungen (vgl. auf kostenlose-urteile.de – Suche in der Urteilsdatenbank nach Baulärm Mietminderung).
Alle Gerichtsentscheidungen sind Einzelfälle und der jeweilige der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist unterschiedlich. Neben der Frage des Baulärms behandeln viele Urteile auch sonstige Umstände die mit den Bauarbeiten zu tun haben, wie z.B. die mit der Bautätigkeit verbundene Staub- und Schmutzbelastung.
Urteile: Vom Vermieter im Rahmen der Sanierung verursachter Baulärm
Setzt der Vermieter neue Fenster ein oder dämmt die Fassade, entsteht Baulärm. Handelt es sich bei diesen Bauarbeiten um eine energetische Sanierung im Sinne von § 536 Abs. 1a BGB, dann dürfen Mieter in den ersten drei Monaten während des Auftretens des Baulärms die Miete nicht mindern. Dies sieht eine seit 1. Mai 2013 neue Gesetzgebung vor.
Dies gilt für alle Maßnahmen, die nach dem 1. Mai 2013 angekündigt werden und durch die nachhaltig Endenergie eingespart wird. Die Beweislast für das Vorliegen einer die Minderung ausschließenden Maßnahme trägt der Vermieter.
Bei allen anderen Modernisierungen im oder am Haus, bei Reparaturen und Instandhaltungen sind Mietminderungen dagegen nach wie vor möglich. Es empfiehlt sich, ein Lärmprotokoll zu führen, aus dem sich der Bauverlauf und die Störungen ergeben (vgl. hierzu auf refrago.de: Wie sieht ein Lärmprotokoll für eine Mietminderung aus?).
Beispiele für Mietminderungen bei Baulärm wegen Bauarbeiten im Haus:
- Ausbaus des Dachgeschosses : 10 % Mietminderung für Stemmarbeiten, Sägearbeiten (Landgericht Berlin, Urteil vom 12.04.1994, Az. 63 S 439/93).
Baulärm durch andere Mieter
Renoviert ein Mieter seine Wohnung, gehört es allgemein zur vertragsgemäßen und üblichen Nutzung, soweit sich die Arbeiten im Rahmen halten und möglichst außerhalb der Ruhezeiten ausgeführt werden.
Baulärm von außerhalb
Auch Baulärm in der Nachbarschaft berechtigt zur Mietminderung, soweit der Mieter nicht von den bevorstehenden Bauarbeiten bei Abschluss des Mietvertrages wußte (vgl. die Ausführungen oben im Text). Beispiele:
- Großbaustelle 100 m gegenüber Arztpraxis: 10 % (Oberlandesgericht München, Urteil vom 25.10.2006, Az. 3 U 3422/06).
- Fenster öffnen und normale Unterhaltung ausgeschlossen, Erschütterungen in der Wohnung. 25 % (Amtsgericht Darmstadt, Urteil vom 03.05.1982, Az. 39 C 1706/81).
- Baulärm im Neubaugebiet nach 17:00 Uhr und an Wochenenden: 25 % (Landgericht Darmstadt, Urteil vom 18.03.1983, Az. 17 S 284/82).
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